Die Borussia aus Mönchengladbach ist das fußballerische Aushängeschild am Niederrhein. Das Gleiche möchte der TV Korschenbroich für den Handball schaffen. Grund genug, um mit den beiden Mannschaftsführern Filip Daems (Borussia) und David Breuer (TVK) ein Interview zu führen. Die Borussia erwartet am Sonntag Liverpool, beim TVK gastiert am 6.8.2010 die SG Flensburg/ Handewitt. Diese hochkarätigen Gegner in der Vorbereitung sind nicht die einzigen Parallelen der beiden Vereine vom Niederrhein…
Herr Daems, zu allererst fällt auf, Sie haben eine Verletzung an der Lippe. Was ist passiert?
Daems: Das ist bei einem Kopfballduell passiert. Da habe ich einen Ellenbogen abbekommen. So etwas passiert halt. Ist beim Handball doch sicher nicht anders, oder?
Breuer: Auch beim Handball gibt es eine Menge Zweikämpfe. Kleinere Blessuren sind da beinahe alltäglich.
Sie stecken mit Ihren Mannschaften mitten in der Vorbereitung. Wie ist der Stand der Dinge?
Daems: Wir gehen jetzt in die entscheidenden Wochen. Wir haben schon eine lange Vorbereitung hinter uns, in der wir hart gearbeitet haben, vor allem im Ausdauerbereich. Jetzt werden wir mehr im taktischen Bereich arbeiten. Wir haben auch noch mehrere Testspiele, um dann gut vorbereitet in die Saison zu gehen.
Breuer: Wir befinden uns mitten in der Vorbereitung und haben zu Beginn viele Fitnesstests gemacht. Mit den Ergebnissen arbeiten wir viel im konditionellen und athletischen Bereich. Wir müssen auch die neuen Spieler taktisch integrieren und unsere Abwehrsysteme stabilisieren. Bei den kommenden Turnieren wollen wir uns weiter einspielen.
Sie sprechen es an: Neue Spieler müssen integriert werden. Wie hat das bislang in Ihrer Mannschaft funktioniert? Wie passen die Neuzugänge sportlich und menschlich ins Team?
Daems: Wir haben vier, fünf neue Spieler, die sich von Anfang an gut ins Team eingeführt haben. Für neue Spieler ist es auch nicht so schwer, sich an die Borussia zu gewöhnen. Wir nehmen neue Spieler immer gut auf. Und die Neuen sind alles lockere Typen, da gibt es überhaupt keine Probleme.
Läuft das beim TVK genauso reibungslos?
Breuer: Ja. Wir haben sowohl sportlich als auch charakterlich echte Verstärkungen dazubekommen. Die Integration verläuft sehr gut, die Jungs fügen sich super ein. Das klappt wirklich hervorragend.
Highlights zur Saisoneröffnung
Sowohl die Borussia, als auch der TVK bieten ihren Fans zur Saisoneröffnung echte Highlights. Auf welche hochkarätigen Gegner dürfen sich die Sportfans am Niederrhein freuen?
Daems: Wir spielen am Sonntag hier im Borussia-Park gegen den FC Liverpool. Das wird ein richtig guter Test für uns und wir können sehen, wo wir stehen. Auch für die Fans ist es toll, so eine Mannschaft wie Liverpool hier mal zu sehen. Da haben sie lange drauf gewartet. Mal sehen, wer bei uns auflaufen wird, aber unser Kader ist stark genug, um für Liverpool ein richtig guter Gegner zu sein.
Breuer: Wir spielen am Freitag, den 6.8., zu unserer Saisoneröffnung gegen die SG Flensburg/ Handewitt. Flensburg ist letztes Jahr Dritter in der 1. Liga geworden und nimmt somit an der Champions-League teil. Auf so ein Spiel brennen wir natürlich. Das ist ein Bonbon für uns, gegen einen solch hochkarätigen Gegner spielen zu können. Schon letztes Jahr war Flensburg bei uns und war ein echter Zuschauermagnet.
Sie sind beide Kapitäne Ihrer Mannschaft. Wie wird man das in einer Bundesliga-Mannschaft und welchen Stellenwert hat dieses Amt?
Breuer: Bei uns wird das Kapitänsamt ganz klassisch von der Mannschaft gewählt. Ich denke, dass man als Kapitän so etwas wie der verlängerte Arm des Trainers ist. Man sollte schauen, dass man die Mannschaft zusammen hält. Dabei werde ich aber auch von anderen Führungsspielern unterstützt, ich sehe mich da nicht in der Rolle eines Einzelkämpfers. Generell ist unsere Mannschaft aber gut zu führen. Mir macht der Job als Kapitän Spaß und ist auch eine Ehre für mich.
Daems: Ich sehe das genauso. Ich bin auch stolz darauf, die Binde zu tragen. Ich bin seit etwa 2,5 Jahren Kapitän bei der Borussia. Ich bin nicht der Typ, der besonders laut in der Kabine ist, sondern versuche, auf dem Platz mit meiner Einstellung ein Vorbild zu sein. Wir haben zusätzlich noch einen Mannschaftsrat, das wird bei Euch vielleicht auch so sein (David Breuer nickt). Da sind bei uns weitere erfahrene Spieler drin, um manche Dinge gemeinsam mit dem Trainer zu besprechen.
Sie haben letzte Saison Ihre sportlichen Ziele erreicht: Die Borussia ist 12. geworden, der TVK auf dem 9. Platz gelandet. Ist das eher Ansporn oder Belastung für diese Spielzeit?
Daems: Eine Belastung auf keinen Fall. Wir hatten hier in den letzten fünf, sechs Jahren oft unruhige Zeiten. In der letzten Saison haben wir Stabilität rein bekommen. Auch auswärts waren wir oft überlegen, auch wenn wir dort nicht so viel gepunktet haben. Es ist lange her, dass wir eine so ruhige Saison hatten, in der wir fast gar nicht nach unten geschaut haben. Das wollen wir bestätigen oder vielleicht sogar ein bisschen verbessern.
Breuer: Wir haben unser eigentliches Saisonziel sogar übertroffen und waren sehr zufrieden. Für diese Saison haben wir uns erneut ein hohes Ziel vorgenommen: die Qualifikation für die eingleisige 2. Bundesliga. Dafür müssen wir mindestens Neunter werden. Das wird schwierig, aber wir sind zuversichtlich, das zu schaffen.
Wie viel Training investieren Sie, um diese Ziele zu erreichen?
Breuer: Wir trainieren in der Saison jeden Abend. Dazu kommen vormittags individuelle Kraft- und Laufeinheiten. Wir würden durchaus auch gerne vormittags gemeinsam trainieren, allerdings fehlen die Hallenkapazitäten. Aber wir kommen auch so derzeit auf ca. sieben Einheiten in der Woche.
Daems: Jetzt in der Vorbereitung kommt es vor, dass wir drei Mal täglich trainieren. In der Saison meistens nur dienstags und mittwochs zwei Mal. Zum Ende der Woche wird es meistens etwas weniger.
Welche Rolle spielen bei einem Bundesligateam die Zuschauer?
Daems: Wir haben hier ein ganz tolles Publikum. Das muss uns Kraft und Mut geben. Wenn es mal weniger gut läuft, dann werden die Fans natürlich unzufrieden. Aber das ist normal und darf die Mannschaft nicht umwerfen. Letzte Saison haben wir alle großen Gegner geschlagen oder zumindest unentschieden gespielt. Das heißt schon was. Hier kommt keiner hin und sagt sich „Wir holen schnell drei Punkte und fahren wieder nach Hause“. Auch bei Auswärtsspielen kommen viele Fans aus ganz Deutschland, um uns zu unterstützen.
Breuer: Wir sind auch sehr zufrieden und spielen immer vor einer vollen Halle. Die Zuschauer sind ein über die Jahre gewachsenes Publikum, das uns über Jahre begleitet und in kritischen Situationen Halt gibt. Leider stößt unsere Walsporthalle an ihre Grenzen, die Zuschauerkapazität ist ausgereizt. Der Verein muss jetzt sogar auf andere Hallen am Niederrhein ausweichen, um dem Zuschauerzuspruch gerecht zu werden. So werden wir die beiden Derbys gegen den OSC Rheinhausen und den Bergischen HC in der Glockenspitzhalle in Krefeld austragen. Die Halle ist zwar nicht sonderlich modern, aber es passen 3000 Zuschauer rein. In der Handball-Bundesliga sind solche Zuschauerzahlen keine Seltenheit. Schade, dass das bei uns in Korschenbroich nicht möglich ist.
Borussia Mönchengladbach ist die Elf vom Niederrhein. Damit verbunden sind viele Emotionen, die Leute aus der Region identifizieren sich mit ihrer Mannschaft. Jetzt hat der TVK angekündigt, das gleiche für den Handball am Niederrhein schaffen zu wollen. Wie ist das zu verstehen?
Breuer: Die Borussia soll ein Stück weit ein Vorbild sein. Natürlich ist uns klar, dass alleine die beiden Sportarten Handball und Fußball nicht miteinander zu vergleichen sind. Das sind ganz andere Dimensionen. Deshalb wollen wir auch keine Kopie von der Borussia sein. Aber das Beispiel Borussia zeigt, dass ein Verein für eine gesamte Region stehen kann und eine Sportart repräsentiert. Das wollen wir mit unserem Hand. Ball. Herz. – Team auch schaffen.
"Wer weiter kommen will, braucht ein modernes Stadion"
Die Borussia hatte letzte Saison 46 000 Zuschauer im Schnitt. Welche Rolle spielt der moderne und neue Borussen-Park, in dessen Katakomben wir uns gerade befinden?
Daems: Egal, wo wir in Deutschland spielen – es stehen überall große und neue Stadien, die fast alle sehr gut besucht sind. Wenn man voran kommen will, braucht man so ein neues und modernes Stadion. Letzte Woche waren wir im Kino und haben den Film „Wir sind Borussia – seit 110 Jahren“ gesehen. Das war sehr interessant, wie es in den 60-er und 70-er Jahren war, z.B. auf dem Bökelberg. Viele Leute aus dem Verein haben damals gesagt, wenn wir weiter kommen wollen, brauchen wir ein Stadion mit entsprechender Kapazität. Hier im Borussia-Park ist jetzt alles da und die Voraussetzungen sind gegeben, um auch die nächsten Jahre erfolgreich zu sein und hoffentlich auch mal wieder europäisch zu spielen.
Haben Sie schon einmal ein Handballspiel live gesehen?
Daems: Ehrlich gesagt, noch nicht. Ich habe schon öfter Handball im Fernsehen gesehen. In meiner Heimat Belgien ist Handball nicht so populär wie in Deutschland.
Waren Sie schon einmal im Borussia-Park?
Breuer: Leider noch nicht. Früher war ich öfter am Bökelberg. Es wird eigentlich höchste Zeit, in diesem tollen Stadion mal ein Spiel live zu verfolgen.
Die Waldsporthalle von Korschenbroich und den Borussia-Park trennen ja gerade einmal zehn Kilometer. Wie wäre es denn mit einem gegenseitigen Besuch?
Breuer: Liebend gerne! Vielleicht kommen wir ja mal mit unserer kompletten Mannschaft, es ist ja gleich um die Ecke.
Daems: Warum nicht? Ich würde mir gerne mal ein Handballspiel ansehen, wie es dabei zur Sache geht und wie die Stimmung in der Halle ist.