Den TV Korschenbroich und den VfL Potsdam verbindet eine beeindruckende Bilanz: mit 60:0 Punkten dominierte der TVK die Regionalliga West, Potsdam mit der gleichen Ausbeute die Staffel Nord-Ost. Hinter den Erfolgen stecken zwei unterschiedliche Trainerphilosophien. Der Korschenbroicher Khalid Khan (43) freute sich über knapp 38 erzielte Tore pro Spiel. In Potsdam war unter dem 53-jährigen Peter Melzer die Defensive bei durchschnittlich nur 22 Gegentreffern der Schlüssel zum Titel. Die TVK-Presseabteilung sprach mit den Erfolgtrainern. Herr Khan, Herr Melzer, herzlichen Glückwunsch zum Aufstieg in die 2. Bundesliga. Kennen Sie sich eigentlich? Khan: Ich kenne Peter Melzer nicht persönlich, habe nur seinen Sohn schon spielen sehen. Potsdams tolle Bilanz habe ich natürlich verfolgt. Melzer: Nein, ich kenne Herrn Khan nicht, weiß nur, dass in Korschenbroich gute Arbeit geleistet wird und die Mannschaft letztes Jahr unglücklich aus der 2. Liga abgestiegen ist. Mal ehrlich: War ihre Regionalliga so schwach oder ihre Mannschaft so stark, dass es ein solcher Spaziergang wurde? Khan: Ich behaupte, dass unsere Liga definitiv stärker war als die letzten drei Jahre. Das gilt vielleicht nicht für die Spitze, da fehlte dem einen oder anderen Team etwas, um den eigenen Ansprüchen gerecht zu werden. Das soll nicht heißen, dass woanders nicht gut gearbeitet wurde, aber wir waren in einigen Dingen wie dem Trainingsumfang weiter. Unsere Mannschaft hatte aber auch eine richtig gute Mischung aus gestandenen Bundesliga-Spielern und entwicklungsfähigen Talenten. Was diese Mannschaft und meine Person vereint, ist der Hunger auf Erfolg. Melzer: Das hat sich beides so ergeben. Es gab grundsätzlich in dieser Saison weniger Aufstiegsaspiranten. Wir hatten das Glück, dass wir nahezu ohne Verletzungen durchs Jahr gekommen sind. Aber wir haben auch am meisten intensiviert, fünf Mal Training die Woche war Minimum, einige haben noch mehr trainiert. Wenn ich an unsere Spiele bei Usedom oder in Flensburg denke – da hatten wir in der Schlussphase immer noch was zuzusetzen. Da machen sich die Trainingsumfänge einfach bemerkbar. Wie haben sie es geschafft, Ihre Spieler in jedem Spiel und jedem Training zu motivieren, wenn man die Liga derart beherrscht? Khan: Ich bin zunächst einmal sehr glücklich, dass meine Spieler den absoluten Anspruch auf Top-Leistung haben. Meine Art und Weise, nicht mit Druck und Strafe, sondern aufgabenorientiert und mit Zielen und Visionen zu arbeiten, hat manchmal vielleicht die letzten Prozente aus der Mannschaft herausgeholt. Melzer: Das war schon eine schwierige Aufgabe. Der eine oder andere hatte nicht immer die Einstellung, die ich erwarte. Da musste ich meine Spieler schon mal ein bisschen ärgern. Auch die vermeintlich etablierten Spieler haben bei mir nie eine Stammplatzgarantie. Meine Spieler sollen immer denken ‚Bei dem Alten kannst Du Dir nie sicher sein’. Konkurrenz braucht jedes Team, sonst schläft man ein. Wie hätte Sie bzw. Ihre Mannschaft denn reagiert, wenn es zwischendurch mal eine Niederlage gegeben hätte. Wäre der Aufstieg da in Gefahr geraten? Khan: Das wäre sicher eine harte, aber interessante Bewährungsprobe gewesen. Ich persönlich glaube nicht, dass eine Niederlage ausschlaggebend gewesen wäre. Aber das ist natürlich hypothetisch. Melzer: Wir waren schon ziemlich gefestigt. Die Euphorie vor Weihnachten war aber schon recht hoch, da musste ich mir als Trainer schon was einfallen lassen, auch mal ungerecht werden. Ich sage ganz klar: Wenn wir mit dieser Einstellung in der 2. Liga gewesene wären, hätten wir in der 2. Liga im Januar keinen Punkt geholt. Ich erwarte eine professionelle Einstellung. Der TVK war die mit Abstand angriffstärkste Mannschaft, Potsdams Abwehr war kaum zu überwinden. Entsprechen diese Tatsachen auch Ihrer persönlichen Trainerphilosophie? Khan: Natürlich stehe ich für Angriffshandball; ein Tor zu erzielen, muss immer das Ziel sein, und das auch gerne spektakulär. Aber ich warne vor Statistiken: Eine hohe Angriffsfrequenz führt natürlich auch zu mehr Gegentoren. Deswegen muss aber die Abwehr nicht schlecht sein. Im Gegenteil: Unsere Defensive inklusive der Torhüter ist im Laufe der Saison immer besser geworden. Ich möchte, dass meine Mannschaft immer Druck auf den Gegner ausübt- vorne genauso wie hinten. Melzer: Ich war selber als aktiver Spieler Mittelmann und habe lieber Angriff als Abwehr gespielt. Aber Meisterschaften gewinnst Du in der Abwehr. Wir haben von einem sehr starken Torhütergespann profitiert, dem wohl besten in der Liga. Grundsätzlich stehe ich für ein taktisch gepflegtes Spiel, das ist mein Hobby. Mit meinen jungen Leuten musste ich viel Abehrarbeit trainieren. Sowohl in der Abwehr als auch im Angriff gibt es bei mir feste taktische Vorgaben. Was erwarten Sie von der neuen Saison in der 2. Bundesliga. Können Sie dort Ihren Stil genauso durchziehen oder müssen Sie sich umstellen? Khan: Wir werden unser Spiel zu 100 % durchziehen und davon bin ich auch überzeugt. Wir werden unseren Stil noch weiter verschärfen. Aber ändern werden wir ihn nicht, dafür haben wir auch gar nicht die Spieler, da wir unseren Kader überwiegend beibehalten. Melzer: Wir sind keine Profitruppe. Aber bei mindestes fünf Einheiten die Woche bleibt es, für die Sportschüler und Studenten wahrscheinlich mehr. Als Trainer hat man immer Wünsche, was verbessert werden kann. Ich persönlich werde mich sicher nicht umstellen, für mich bedeutet Leistungssport schwarz oder weiß, da lasse ich relativ wenig mit mir reden. Aber man kann schon mit mir auskommen. Was würden Sie denn als Erfolg werten, wenn die kommende Saison gespielt ist? Zählt für Sie nur der Klassenerhalt oder auch das „wie“? Khan: Der Klassenerhalt wäre natürlich ein Erfolg, weil wir uns weiter verjüngen. Der Erfolg steht über dem „wie“, aber ich bin bester Hoffnung, dass das bei uns einhergehen wird. Melzer: Das eine hängt vom anderen ab. Wenn wir unsere gefestigten Konzepte durchziehen und dem Gegner unser Spiel aufdrängen, werden wir die Klasse halten – auch wenn es schwer wird. |
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